Mich interessiert ja immer wie andere ans Mixing rangehen, deswegen wollte ich hier mal meine Erfahrungen schildern, vielleicht hilft es ja dem Ein- oder Anderen.
Ihr dürft mich natürlich gerne verbessern oder ergänzen was euch noch dazu einfällt.
Tipp 1:
Jedes Instrument sofort einem Mixerchannel zuweisen, dann besteht die Gefahr nicht dass Irgendwas bis zu Ende „ungemischt“ bleibt.
Dann die Lautstärkeverhältnisse über den Lautstärkeregler im Mixer anpassen, nicht über den im Step-Sequenzer. Wenn man ein Instrument im Step-Sequenzer leiser macht geht es auch leiser in die Effekte im Mixer rein, d.h. zum Beispiel der Hall oder das Delay wird leiser.
Wenn man schon dabei ist, kann man auch gleich einen EQ drauf packen und ungewünschte Frequenzen wegschneiden.
Bei allem außer Bassinstrumenten (Bassdrum, Bassline) kann man getrost alles unter 150 Hz – 200 Hz wegcutten.
Es wäre natürlich auch eine Möglichkeit, alle Nicht-Bass-Instrumente auf einen Sendchannel zu routen und da ein EQ mit Lowcut draufzumachen.
Das ist aber m.E. nicht empfehlenswert weil zu ungenau und nicht auf das Instrument angepasst.
Mein Vorgehen beim EQing: den Lowcut von unten hochschieben bis man merkt: Oh, da fehlt jetzt was. Dann wieder ein klitzekleines stück nach unten verschieben.
Die Kurve vom Lowcut auch nicht zuuu steil wählen, das klingt oft als hätte man den Klang zu sehr beschnitten.
Tipp 2:
Beim EQing ist weniger oft mehr, EQ-Kurven sollten bestenfalls nicht aussehen wie Aktienkurse.
Wenn man mit dem EQ zu arg eingreifen müsste ist vermutlich schon was beim Sounddesign oder der Samplewahl falschgelaufen.
Dann am besten das Sample wechseln oder im Synthesizer nachbessern und nicht, z.B. bei fehlenden Höhen, den EQ bei 12 kHz bis zum Maximum hochziehen. Das wird einen unnatürlichen Klang zur Folge haben.
Tipp 3:
Ganz früh über die mögliche Instrumentierung nachdenken.
Wenn man schon 10 Synth ins Projekt geklatscht hat ist meistens schon alles verloren.
Lieber ganz am Anfang drüber Gedanken machen, was denn im Projekt vorkommen soll.
Z.B. eine Bassline, ein Padsound, ein oder zwei Leadsynth etc.
Dann nach jedem hinzugefügten Instrument abwägen ob es vom Klang und vom Frequenzspektrum dazupasst.
Das spart einem am Ende die Mühe, alles zwanghaft irgendwie unterbringen zu müssen.
Tipp 4:
Schon am Anfang einen Hall auf einen Sendchannel legen.
Warum?
Ohne Hall (und ich spreche jetzt von einem Hall mit kurzer Hallfahne, der ehr dezent hörbar ist) kann sich ein Drumpattern leer anhören obwohl eigentlich genügend Percussions/ Hats etc. vorhanden sind. Auch wenn da wahrscheinlich nicht jeder meiner Meinung ist sehe ich das schon irgendwie als Teil des Mixingvorgangs.
Edit:
Noch besser: 3 Reverbs mit verschieden langen Hallfahnen (kurz/mittel/lang) auf 3 Sendchannel legen und nur diese verwenden.
Das klingt dann viel sauberer und realistischer, wenn man in einem Raum Musik spielt ist der Hall ja auch nicht bei jedem Instrument immer unterschiedlich lang.
Tipp 5:
Die Instrumente sollen miteinander spielen, nicht gegeneinander.
Jedes Instrument sollte genug Platz haben und gut hörbar sein.
Deswegen ist es Quatsch, bei jedem Sound die maximale Lautstärke zu wollen.
Die Verhältnisse müssen passen, das zeichnet einen guten Mix aus.
Als Anhaltspunkt kann man sich z.B. die Bassdrum nehmen und dann alles an diese Lautstärke anpassen (zum
Beispiel indem man den Lautstärkeregler auf 0 stellt und bei allen Instrumenten nacheinander die Lautstärke langsam erhöht).
Andererseits sollten die einzelnen Instrumente auch nicht zu isoliert klingen, dann hört sich das ziemlich leer und eigenartig an. Die Frequenzbereiche dürfen ruhig leicht verschwimmen, aber eben nicht so stark dass sie sich gegenseitig den Platz wegnehmen.
Anders verhält sich das natürlich beim Layern, da soll ja alles verschwimmen, allerdings muss man dann die Einzelsounds auch demenstprechend leiser machen.
Es ist echt total egal wie Laut die Gesamtsumme (Master) ist, dreht lieber einfach eure Abhöre ein bisschen lauter, damit ist das Risiko weg dass irgendwas über 0 dBFS peakt.
Tipp 6:
Platz im Bassbereich schaffen durch Sidechaining.
Ich denke darauf muss ich nicht näher eingehen, das wurde in unzähligen Threads ausreichend diskutiert.
Was man allerdings noch dazusagen kann:
Teilweise klingt es besser z.B. nur die Tiefen der Bassline zu sidechainen da der Sound dann nicht so „pumpt“. Das kann man machen indem man mit der Kick das unterste Frequenzband im EQ2 steuert oder die Tiefen im Multibandkompressor. Wenn da noch Erklärungsbedarf besteht einfach sagen
Tipp 7:
Aufpassen mit der Stereobreite.
Auch hier gilt: weniger ist oft mehr.
Wenn bei jedem Instrument versucht wird die maximale Breite zu erreichen klingt alles und auch gleichzeitig gar nichts mehr breit. Da muss man schon im Synth aufpassen, da z.B. die OSC’s im Sylenth1 schon standardmäßig auf maximale Stereobreite eingestellt sind.
Kick und Bassline kann man meistens komplett auf Mono stellen, das stellt dann auch die Monokompatabilität in den Tiefen Frequenzen sicher.
(Natürlich gibt es auch Stereobasslines, die sollten dann aber entweder aufgeteilt werden damit der Subbass Mono ist oder aber per M/S-Processing bearbeitet werden.)
Statt alles maximal breit zu machen lieber ein bisschen was nach links und rechts verteilen. Vor allem bei Hihats und Percussions funktioniert das Prima, während Snares, Claps und Bassdrum lieber in der Mitte bleiben sollten.
Bei natürlichen Instrumenten wie z.B. Klavier unbedingt die Verteilung beibehalten.
Im Normalfall wird das durch den Sampler so gesteuert dass die tiefen Töne von links und die hohen von rechts kommen, wie es sich eben auch anhört wenn man davorsitzt.
Tipp 8:
Euren Track gaaanz leise abhören.
Das bringts wirklich, ich schwöre!
Dreht einfach die Abhöre oder die Lautstärke in FL soweit runter dass ihr grade noch irgendwas hört.
Dann ganz aufmerksam zuhören, man merkt meist sofort wenn irgendwas extrem raussticht, weil es dann das einzige ist was man bei der geringen Lautstärke noch hören kann.
Tipp 9:
Vor dem endgültigen Mischen eine Pause von mindestens 2 Tagen einlegen.
Wenn das Gehör an den Sound gewöhnt ist man absolut immun gegen Fehler, man hört sie einfach nicht mehr raus.
Allgemein empfiehlt es sich ab und an mal was anderes anzuhören oder eine kurze Pause einzulegen.
Auch empfehlenswert: Einen Referenztrack aus dem gleichen Genre suchen den man selbst als gut gemischt empfindet und immer wieder gegenhören.
Tipp 10:
Den fertig gemischten Track auf allen möglichen Teilen abhören die man findet.
5€ in-ears, Auto, PA-Anlage, teure Hifi-KH vom Papa, Handy, einfach alles was man findet.
Wenn es überall „gut“ klingt (eben das Beste, was man vom jeweiligen Gerät erwarten kann) kann man zufrieden sein
Das wars erstmal, wenn mir noch irgendwas einfällt werde ichs gerne hinzufügen.
Jetzt seid ihr dran, meckert was das Zeug hält