TUTORIAL: Quintenzirkel

  • Ich werde nun den Quintenzirkel grundlegend erläutern. Wer gerade begonnen hat, sich mit der Harmonielehre zu beschäftigen, dem kommt dieses Tutorial also vielleicht gelegen. :)


    Eins vorweg: Möchte man den Quintenzirkel komplett aufzeichnen, muss man ihn nicht auswendig können! Man muss lediglich die Zusammenhänge verstehen, und schon kann man sich alle Dur- und Moll-Tonarten einschließlich der Vorzeichen herleiten. :)


    Allgemein gibt es erst ein mal zu sagen, dass der Quintenzirkel alle Tonarten beinhaltet. Die Abstände zwischen den Tönen im Quintenzirkel sind im Uhrzeigersinn immer eine Quinte groß, daher der Name. Außerhalb des Quintenzirkels sind die Dur-Tonarten, innerhalb die Moll-Tonarten aufgeführt. Zu jeder Dur-Tonart gibt es eine parallele Moll-Tonart. Parallel bedeutet, dass sich die Vorzeichen nicht unterscheiden. So hat z. B. D-Dur dieselben Vorzeichen wie das dazu parallele h-Moll. Des Weiteren ist zu erwähnen, dass der Name einer Tonart dessen Grundton angibt. Bei A-Dur ist der Grundton also A, bei fis-Moll ist der Grundton fis usw.


    Es gibt zwei Arten von Vorzeichen, nämlich das Kreuz (#) sowie das B (b). Ein Kreuz erhöht einen Ton, ein B erniedrigt einen Ton. Die Tonarten auf der linken Seite des Quintenzirkels beinhalten alle ein B, die Tonarten auf der rechten Seite ein Kreuz. Die einzige Ausnahme stellen hier C-Dur und dessen parallele Tonart a-Moll dar, welche im Quintenzirkel sozusagen auf 12 Uhr stehen. Eine Tonart beinhaltet auch die Vorzeichen der vorangegangenen Tonarten. D-Dur (auf 2 Uhr) beinhaltet also auch das Vorzeichen von G-Dur (auf 1 Uhr). Wie oben erwähnt, kann man sich die Vorzeichen herleiten. Schauen wir uns zunächst die Tonarten auf der rechten Seite des Quintenzirkels an, also die mit Kreuz als Vorzeichen. Bei den Dur-Tonleitern muss man einfach überlegen, welcher Ton vor dem Grundton der Tonleiter steht: Dieser wird erhöht. Bei G-Dur wird also F erhöht, denn F steht vor dem Grundton. Bei den zugehörigen Moll-Tonarten ist es fast dasselbe, nur dass hier der Ton, der nach dem Grundton der Tonleiter steht, erhöht wird. Bei cis-Moll wäre das also der Ton d, der erhöht wird.


    Bei den b-Tonarten ist das jedoch etwas anders. Bei den dortigen Dur-Tonarten wird immer der Ton erniedrigt, der eine Quarte mit der Tonika bildet. Man muss bei diesen Dur-Tonarten dazu immer sechs Halbtonschritte von der Tonika weiterzählen. Bei B-Dur wird also E erniedrigt. Auch hier werden die Vorzeichen vorangegangener Tonarten übernommen. Bei B-Dur ist das allerdings nur F-Dur mit dem Ton b (erniedrigtes H). Man kann sich bei den b-Tonarten die entsprechenden Vorzeichen auch anders herleiten: Man guckt sich den Namen der nächsten Tonart an. Nach Es-Dur kommt As-Dur, also wird bei Es-Dur A erniedrigt. Bei den zugehörigen Moll-Tonarten wird immer die Sexte auf der Tonika erhöht (neun Halbtonschritte weitergezählt). Bei b-Moll wäre das g, also kommt bei b-Moll der Ton ges hinzu.


    Die Tonika der Moll-Tonarten sind immer eine Sexte auf der Tonika der parallelen Dur-Tonart. Man muss also immer neun Halbtonschritte weiterzählen, um zur entsprechenden Moll-Tonart zu kommen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Tonika der Dur-Tonarten immer eine Terz zur Tonika der parallelen Moll-Tonart darstellen. Um z. B. die parallele Dur-Tonart von fis-Moll zu ermitteln, zählt man drei Halbtonschritte von fis weiter und landet bei A. Die parallele Tonart zu fis-Moll ist also A-Dur. Allerdings muss man auf die Vorzeichen achten. So ist die parallele Dur-Tonart zu dis-Moll nicht F-Dur, sondern Fis-Dur.


    [Blockierte Grafik: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/43/Quintenzirkeldeluxe.png]


    Wer noch Fragen hat, fragt einfach. ;)

  • Cool, dass du dir die Mühe machst und is gut geschrieben und erklärt. Weiter so!
    Aber alder Vadder. Ich kann meine Freude nicht in Worte fassen, dass ich seit dem Abi damit nix mehr zu tun haben muss. Ich find die ganze Theorie so grausam :D

  • Weiß zwar schon, wie der Quintenzirkel funktioniert, ist aber sehr gut für Leute, die sich noch nicht wirklich mit der Harmonielehre auseinander gesetzt haben :)
    Wenn du aber davon sprichst, einen bestimmten Anzahl von Tönen höher oder niedriger zu gehen, drückst du das etwas umständlich aus, wie z.B. im letzten Abschnitt, sagst du "Um z.B. die parallele Dur-Tonart von fis-Moll zu ermitteln, zählt man zwei Töne von fis weiter und landet bei A." Würde hier eher sagen das man von fis-Moll 3 Halbtonschritte hochgehen muss und nicht 2 Töne. Hab nämlich schon Leute gesehen, bei denen "zwei Töne" 4 Halbtonschritte sind, deshalb würd ich eher von Halbtonschritten sprechen nicht von Tönen :)
    Aber sehr gutes Tutorial!

  • Ich hätte folgende Nachfrage. Ich habe verstanden (bzw. glaube es), wie der Quintenzirkel hergeleitet wird. Die für mich entscheidende Frage wird in keinem mir bekannten Youtube-Filmchen oder sonst wo beantwortet: Was fange ich damit jetzt an?
    Ist es vielleicht so gemeint, dass benachbarte Tonarten gut miteinander harmonieren? D.h. C-Dur harmoniert gut mit A moll mit G-Dur und F-Dur. Und je weiter die benachbarte Tonart weg ist, desto unharmonischer wird es? D.h. von C-Dur am weitesten weg ist Dis moll. Das klingt das unharmonisch.


    Dann noch folgende Frage: Ich habe mir einen Quintenzirkel gekauft (siehe unten). Da sind dann für jede Tonart z.B. auch die Moll-Subdominante und Dominant-Septimen angegeben. Zum Beispiel ist die Moll-Subdominante von C-Dur D moll. Sind das dann ebenfalls Tonarten, die gut miteinander harmonieren?

  • Tonarten können, wenn überhaupt, nur im Rahmen von Paralleltonarten (C-Dur/a-Moll, D-Dur/h-Moll usw.) miteinander harmonieren. Ansonsten besteht jede Tonart entweder aus anderen Tönen, oder bei gleichem Tonvorrat liegt ein anderer Grundton vor. Letzteres wäre bei C-Dur und a-Moll der Fall: Beide Tonarten setzen sich aus den gleichen Tönen zusammen, jedoch haben sie einen anderen Grundton. Oder C-Dur und E-Phrygisch (hierbei handelt es sich um eine Kirchentonleiter, aber was das genau ist, ist hier erst mal weniger relevant): Beide bestehen aus den gleichen Tönen, haben aber andere Grundtöne.


    Die im Quintenzirkel (ggf. mit nachstehendem # oder b) eingetragenen Buchstaben (um es mal plump zu formulieren) stehen sowohl für die Tonarten als auch für die Akkorde - je nachdem, was man nun ablesen will. Ob es sich z. B. bei G nun um die Tonart G-Dur handelt oder um den G-Dur-Akkord, hängt also nun davon ab, was man ablesen will.



    Möchte ich jetzt wissen, was die Dominante zu C-Dur ist, dann wird C-Dur als Akkord gelesen, denn eine Tonart selbst kann keine Dominante, Subdominante o. ä. haben. Wenn man von C nun einen Schritt im Uhrzeigersinn weitergeht, ist man bei G. Auch G wird nun natürlich als Akkord gelesen, also als G-Dur-Akkord. Da dieser "rechts" neben C-Dur steht, handelt es sich hierbei um die Dominante.


    Möchte ich hingegen wissen, wie viele Kreuze bzw. welche Vorzeichen A-Dur hat, dann lese ich das A im Quintenzirkel als die Tonart A-Dur. A-Dur hat drei Kreuze als Vorzeichen: fis, cis, gis. Daher kann A sich in diesem Zusammenhang unmöglich nur auf den A-Dur-Akkord beziehen, denn dieser beinhaltet von den drei genannten Vorzeichen nur das cis. Wenn man also die Vorzeichen einer Tonart ablesen will, dann liest man die Buchstaben im Quintenzirkel als Tonarten.


    Man könnte durchaus sagen, dass ein Akkord wie C-Dur stellvertretend für die entsprechende Tonart steht. Denn baut man z. B. auf den Tönen der G-Dur-Tonleiter (g, a, h, c, d, e, fis, g) Akkorde (Dreiklänge) auf, so entsteht auf dem ersten Ton (hier g) der G-Dur-Akkord (g, h, d).


    Was du also meinst, ist, welche Akkorde miteinander harmonieren. C-Dur und dis-Moll harmonieren nicht, da beide Akkorde im Quintenzirkel nicht benachbart sind; C-Dur und d-Moll hingegen harmonieren miteinander, da diese beiden Akkorde miteinander benachbart sind. Zwar ist der direkte Nachbar zu C-Dur F-Dur, doch dessen Parallele ist d-Moll. Die Tatsache, dass d-Moll eine Parallele zum eigentlichen Nachbar F-Dur ist, spielt hier keine weitere Rolle und soll daher nicht weiter irritieren.


    Andersrum ist C-Dur die Parallele des Nachbarn a-Moll, welches die Dominante (und damit Nachbar) von d-Moll ist.


    Grüße :)

  • Danke. Das hast Du gut erklärt.
    Zur Sicherheit folgende Nachfrage: Sind alle Akkorde, die nicht zur unmittelbaren Nachbarschaft gehören, gleichermaßen disharmonisch? Oder lässt sich das so beschreiben, dass mit zunehmender Entfernung die Harmonie schrittweise abnimmt, weil sich die Töne auf der Tonleiter immer stärker voneinander unterscheiden? Letzteres würde ich vermuten.

    Wie machen es die Komponisten typischerweise? Wird für die Ermittlung des Folgeakkords auch mal der zweitnächste oder drittnächste Nachbar angesteuert? Beispielsweise: Auf den Akkord C folgt der Akkord D. D.h. ich überspringe G-Dur. Ich finde, dass das ebenfalls noch ziemlich harmonisch klingt.

  • Das ist in der Tat möglich, denn D-Dur ist die Doppeldominante zu C-Dur, also die Dominante der Dominanten (G-Dur). Eine typische Akkordfolge mit einer Doppeldominanten sieht z. B. so aus: C Am G D


    Auf diese Weise kann man verschiedene, scheinbar unpassende Akkorde in die Akkordfolge einfügen. Beispielsweise kann in einem Lied, welches in a-Moll geschrieben ist, ein E-Dur-Akkord, welcher im Quintenzirkel weit weg von C-Dur und a-Moll steht, vorkommen. Dies wäre die so genannte Durdominante. Die einfache Dominante in a-Moll wäre e-Moll, welcher im Gegensatz zur Durdominanten (E-Dur) der Leitton und damit der Drang zur Auflösung in Richtung des Grundtons/Grundakkords fehlt. E-Dur hat im Gegensatz zu e-Moll nun diesen Leitton (e gis h), was die Akkordfolge etwas "spannender" macht. Eine typische Akkordfolge mit einer Durdominanten sieht z. B. so aus: Am F Dm E.


    Die Doppeldominante und die Durdominante sind die wohl prominentesten Beispiele unter den harmoniefremden Akkorden. Aber es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, harmoniefremde Akkorde einzubauen.


    Ob ein Akkord disharmonisch klingt, kommt immer auf den Kontext an. Ein C7 (bestehend aus c, e, g, b) als Beispiel mag für sich alleine disharmonisch klingen, doch im Kontext einer bestimmten Akkordfolge klingt er harmonisch.


    Hier noch mal eine Akkordfolge aus einigen scheinbar disharmonischen Akkorden, doch in dieser Akkordfolge als Ganzes klingen sie harmonisch:

    • Cmaj7 (c, e, g, h)
    • C7 (c, e, g, b)
    • Fmaj7 (f, a, c, e)
    • Fm6 (f, as, c, d)
    • C (c, e, g)


    askldj.mp3


    Grüße :)

FL Studio Shop.de