Frage zum Thema Headroom und dB Richtwerten

  • Hallo liebe Community,

    ich bin kürzlich auf dieses Forum aufmerksam geworden und auch ziemlich froh darüber, da im verlaufe der letzten Monate doch die ein oder andere Frage aufgekommen ist, auf welche ich bis Dato noch keine eindeutige Antwort erhalten habe.


    Ich selbst habe vor knapp 10 Monaten damit begonnen, mich mit der Materie, dem Beatmaking, auseinader zu setzen.

    Das erste halbe Jahr über hinweg hab ich es relativ ruhig angehen lassen, und immer mal wieder ein paar simple Loops kreiert.


    Vor gut 3-4 Monaten wollte ich dann mal den nächsten Schritt wagen, und hab mir daraufhin erstmal diverse Videos zum Thema Mixing angeschaut..

    Ich muss allerdings sagen, dass umso mehr Tutorials ich gucke, ich teilweise umso verwirrter bin.

    Der eine sagt dieses, der andere jenes und ich selbst weiß mitterweile nicht mehr, was ich wem glauben soll bzw., welches die sinnigste Herangehensweise ist.


    Konkret geht es mir in erster Linie um das Thema Headroom.


    Der eine empfiehlt, mindestens -6dB Platz zu lassen, ein anderer widerum sagt, dass man den Headroom ruhig komplett ausschöpfen und bis 0 db gehen kann und wieder ein anderer packt einfach einen Clipper oder Limiter auf den Master.


    Nach welcher Vorgehensweise sollte ich mich richten?


    Rein subjektiv betrachtet, hat letztere Variante für mich relativ wenig mit professioneller Musikproduktion zu tun.. ich wüsste aber auch nicht, wie ich die besagten -6dB Headroom freischaufeln könnte.. da bin ich nämlich immer drüber.


    Ich bräuchte konkrete dB Werte für die einzelnen Instrumente und Drums, aber auch da ist das Spektrum ziemich groß.

    Allein für die Kick habe ich jetzt schon Empfehlungen von +4.5dB bis -6dB aufgreifen können.


    Was das angeht, empfehlen auch viele, einfach nach dem Gehör zu gehen.

    Wenn ich das so handhabe und mich grob an den Durchschnittswerten orientere, habe ich aber immer das Problem, dass wenn der Loop dann fertig ist, ich kaum noch Headroom habe.. und diesen benötige ich ja widerum für's Mixing, denn die verschiedenen Effektplugins fressen ja (das eine mehr, das andere weniger) auch etwas.


    Hier ein Reverbeffekt, woanders dann vielleicht noch ein Filter und zack, habe ich schon die 0dB überschritten.

    Die Quintessenz dessen ist dann fast immer, dass ich alles wieder runterlösche, und es dann meistens nur bei dem Equalizer belasse..


    Das bedeutet ja aber eigentlich, dass ich auf jeden Fall Headroom lassen sollte, bevor es ans Mixing geht.. Problem ist dann nur, dass ich das mit den empfohlenen Werten nicht schaffe..

    Kann ich in dem Fall dann einfach einen Melody und Drum Bus erstellen, und den Volumefader dort solange runterpegeln, bis ich genug Headroom habe, oder ist das eine gänzlich schlechte Idee?


    Kann hier jemand Licht ins dunkle bringen oder mir eine Empfehlung aussprechen, wie ich langfristig einen vernünftigen Mix auf die Beine stellen kann?

    Ich weiß, dass man, was die dB Werte der einzelnen Instrumente anbelangt, nicht alles pauschalisieren kann.. Allerdings kann man doch in etwa sagen, ob und wieviel Headroom ich ca. lassen sollte, bevor es in den Mix geht.


    Ich weiß nicht, inwiefern es von Relevanz ist, aber ich möchte in erster Linie Hip Hop Musik produzieren. Irgendwann vielleicht auch mal Richtung EDM, was allerdings noch Zukunftsmusik ist.


    Soweit erstmal.. ich freue und bin dankbar für jede hilfreiche Antwort :)


    Liebe Grüße

  • Murdock

    Hat den Titel des Themas von „Frage zum Thema Headroom und dB Richtwerte“ zu „Frage zum Thema Headroom und dB Richtwerten“ geändert.
  • Hi,


    Ich fang mal an ^^


    Headroom kommt aus der analogen Zeit. Damals hatte man noch Hardware. Und da musste man immer aufpassen dass die Dinger nicht zu doll in den Grenzbereich geraten und clippen. Also ist man niemals an die Null ran, sondern hat immer einen kleinen Puffer gelassen. Aus genau der gleichen Zeit stammt Gain Staging. Erst mal alles runterdrehen damit es in der Summe nicht clippt. Denn hast du irgendwo clipping drin dann bekommst du das in einer analogen Chain nicht mehr raus. Hier stammen die -3 bis -6 dB Headroom her.


    Wir arbeiten aber inzwischen digital. 32 Bit Float. Es ist eigentlich theoretisch egal ob du irgendwo im Mixer mal 100 dB drüber bist oder nicht. Sofern du das dann wieder runterregelst. Denn auch im digitalen Workflow willst du trotzdem nicht zu weit über Null gehen. Kompressoren und manch andere Plugins arbeiten am Besten bei 0 dB.


    Und auch in den Masterchannel möchtest du nicht höher als mit 0db rein. Denn die Masteringtools oder Masteringsuites wie Ozone arbeiten bei diesem Wert am Besten. Da ist ja auch wieder ein Kompressor dabei. Der Maximizer oder Limiter. Speziell dem Maximizer von Ozone hörst du schnell an wenn er zu viel pumpen muss. Deswegen ist es auch keine gute Idee da mit -6dB Headroom reinzugehen. Dann muss der Maximizer ja schon für nichts -6dB wegschuften ...


    Der Export ist wieder eine andere Kiste. Da darf es dann nicht mehr clippen, nicht über -0 dB sein. Wenn das nur das Wave ist dann kann das auch bei 0 liegen. Aber wenn du das dann komprimierst kann es durch die Kompression clippen. Wenn du also weisst dass es das auch als MP3 geben soll gibst du beim Masterwave etwas Headroom. So -1 dB passt in der Regel. Und wenn du auf Vinyl releasen willst dann bist du trotzdem bei den klassischen -3 bis -6 dB. Das fliegt dir mit 0 dB um die Ohren. Aber da gibts eh noch andere Sachen zu beachten. Bei zu viel Bass kann die Nadel springen ...


    Und wenn du extern mixen lässt sind die allermeisten Leute auch nicht über einen Headroom traurig. Das ist aber imho mehr Gewohnheit.


    Ich hoffe mal ich habe dich jetzt nicht noch mehr verwirrt ^^


    LG Tiles

  • Hi Tiles,


    danke dir vielmals für deine ausführliche Rückmeldung.


    Verwirrter als vorher bin ich zu Glück nicht, nein :D

    Offene Fragen gäbe es von meiner Seite aus allerdings doch noch die ein oder andere.


    Zumindest kann ich dank deiner Erläuterung schon mal die Hintergründe besser nachvollziehen, wieso weshalb warum Headroom.


    Bin mir dann aber doch noch etwas unsicher, was das in weiterer Folge konkret für mich und meine Vorgehensweise bedeuten würde.


    Wie genau sähe z.B dieses "runterregeln" aus, wenn ich dann doch mal die 0 dB überschreiten sollte?

    Würde es hier ausreichen, einfach den Volumefader vom Master solange runter zu drehen, bis ich Wert XY erreicht habe?

    Ich fände es nämlich ziemlich umständlich und zeitintensiv, wenn ich dann erst wieder jedes Instrument einzelnd runterleveln und in Einklang miteinander bringen müsste..

    Das wäre ja quasi doppelt gemoppelt, da ich die Lautstärkenverhätnisse schon wärend des Entstehungprozesses innerhalb des Channel Racks anpasse.


    Soweit ich weiß, beeinflusst man mit dem Volumefader im Mixer ja das bearbeitete Signal und im Channel Rack nicht. Deswegen bin ich mir dahingehend unsicher.


    Wenn du sagst, dass Kompressoren und manch andere Plugins am besten bei um die 0 dB arbeiten, meinst du dann damit, dass ich den Wert von 0 dB schon bereits vorher erreicht haben sollte, oder erst nachdem der Kompressor drauf ist?

    Denn wenn ich vorher bereits 0 dB habe und dann erst den Effekt hinzufüge, würde es ja ohnehin clippen.. oder habe ich da jetzt einen Denkfehler?


    Ich kann ja mal ein kurzes Beispiel nennen und konkrete Zahlen angeben, so wie ich das jetzt immer gehandhabt habe.


    Mein Ausgangsakkord, wofür ich zumeist ein Piano verwende, peakt bei ca. -18 dB.

    Alle Melodien zusammen bei etwa -12 dB.

    Die Snare oder Clap bei -6 dB, und die Kick bei -3 dB.


    Das hört sich für mein lainenhaftes Gehör meist immer recht passabel an.


    Der Masterchannel peakt dann meist bei um die -0.5 dB, also viel Luft nach oben ist da nicht mehr.


    Kann ich hier dann trotzdem bedenkenlos Effekte auf die einzelnen Mixerspuren laden?

    Und wenn es dann am Ende im Master über Null geht, einfach mit dem Volumenfader vom Master entsprechend runterregeln, oder sollte ich von vornherein alle Elemente von den dB Wert her etwas niedriger ansetzen?

    Also Kick bei bspw. -6 dB, Snare/Clap bei -9 dB, Melodien bei -15 dB usw.?


    Auf Vinyl werde ich wohl vorerst nichts releasen :D

    Export via WAV oder MP3 reicht mir da vollkommen aus :)

  • Du kannst das natürlich auch grob von Hand einstellen. Ich mach das auch immer Pi mal Schnauze auf den einzelnen Kanälen, wie gesagt, digitaler Workflow. Ein dB hin oder her juckt hiemanden.


    Fürs Mastern route ich das alles dann auf einen Kanal den ich Premaster nenne, hau da das MVMeter Plugin drauf, stelle das Preset auf Peak Standard, lass das einmal durchlaufen, klicke im Plugin auf das Gain Match. Und dann habe ich da im Idealfall exakt Null dB fürs mastern. Wenn du da noch mal fummelst musst du das natürlich noch mal machen. Aber wie gesagt, digitaler Workflow, ein dB hin oder her ...


    Wichtig ist wie gesagt dass da beim Export nichts mehr clippt. Und da wo du einen Kompressor hast solltest du vorher eben normalisieren.


    MVMeter 2 ist Freeware.


    https://www.tbproaudio.de/products/mvmeter2


    Zitat

    Wenn du sagst, dass Kompressoren und manch andere Plugins am besten bei um die 0 dB arbeiten, meinst du dann damit, dass ich den Wert von 0 dB schon bereits vorher erreicht haben sollte, oder erst nachdem der Kompressor drauf ist?

    Vorher natürlich, für den Kompressor. Wenn du den mit 100 dB fütterst dann hat er nichts zu komprimieren. Und wenn du den mit -100 dB fütterst schuftet er sich zu Tode und verzerrt. Kompressoren haben einen Sweet Spot. Und arbeiten am Besten mit normalisiertem Material.

FL Studio Shop.de